Start-Ups und Web 2.0 Nutzung in Deutschland

Deutschland zählt zu den fortschrittlichsten Ländern weltweit und was das Internet betrifft, ist auch das sogenannte Mitmachweb, das Web 2.0 angekommen. Doch wird es auch genutzt? Wenn man die Alexa-Daten einschlägiger Web 2.0 Angebote wie Facebook, Twitter, YouTube, Digg und Social-Bookmarking-Dienste wie Mister-Wong und Del.Icio.us betrachtet, stellt man erschreckend fest, das die Nutzung in Deutschland gar nicht so hoch ist wie man denkt.

Wer hätte das gedacht?


Nur 4.8% aller YouTube-Nutzer kommen aus Deutschland, nur 3,2% der Blogger Nutzer sind Deutsche. Twitter hat mittlerweile 7,3% und der Usermoderierte Nachrichtendienst Digg hat gerade mal einen Anteil von 2,2%. Social-Bookmark-Dienste wie Mister-Wong und Del.icio.us halten immerhin mit 5 und 6 Prozent mit. Facebook hat gerade mal 3,1% deutsche Nutzer.


Warum sind mir die diese Daten wichtig?


Ich stelle mir die Frage wie die Chancen für deutsche Web 2.0  Start-Ups stehen. Kann ein deutsches Start-Up mit einem amerikanischen mithalten?

Deutschland gibt sich Mühe. Zwar werfen einige Ideen Zweifel auf, allerdings sind es ja oft Nischen, welche besetzt werden müssen. Abhängig von der Zielsetzung der Betreiber mag diese oder jene Idee Erfolg haben. So frage ich mich zum Beispiel ob Social-Networks wie HalloHund oder HappyPapa, welche speziell ausgerichtete Social Networks für Hundeliebhaber und Väter, später eine Internationalisierung tragen können und Gewinn abwerfen.

Natürlich gibt es auch erfolgreiche,  deutsche Web 2.0 Plattformen. Man denkt da einmal an Xing, den VZ Netzwerken , WKW(wer-kennt-wen) und stayfriends. Doch wer davon kann sich auf dem internationalen Markt messen und vor allem ist die Frage wie wir Erfolg definieren. Denn Gewinn machen die wenigsten. Xing schafft es, Facebook seit September 2009 auch. Andere hingehen haben Unkosten ohne Ende. StudiVZ kostet jährlich ca. 30 Millionen Euro.

Während in Amerika die Nachrichtendienste gegen Twitter und Digg ankämpfen müssen, kann die Bild in Deutschland noch beruhigt ihr Geld verdienen. Welcher Promi in den Staaten auf Toilette geht erfährt man in Amerika auf Twitter als erstes, in Deutschland macht die Bild noch das Rennen. Wenn Proteste im Ausland stattfinden, kann ich mich darauf verlassen das ich auf Twitter davon erfahre, auf Digg den Bericht lese und mir das Video danach auf YouTube anschaue.

Natürlich gab es in Deutschland auch schon Vorfälle, so ist Twitter bei den Firmen schon weit vorgedrungen und auch die Politik bleibt nicht davon verschont. So wurde z.B. das Ergebnis der Wahl des Bundespräsidenten vor der offiziellen Verkündung auf Twitter veröffentlicht. Allerdings sind deutsche Geschehen nicht so schnell im Netz wie in anderen Ländern.  Jeff Jarvis führt in seinem Buch ein klasse Beispiel der Nutzung von Twitter an.

Als ein Twitterer Probleme mit seinem Internet und seinem Anbieter Comcast hatte, beschwerte er sich lauthals auf Twitter und berichtete dort von seiner Warterei in der Hotline und sagte Comcast den Kampf an. Comcast hatte die Beschwerde auf Twitter mitverfolgt. Die Sucheingabe „comcast“ brachte sie direkt auf den Twitteraccount mit den aktuellen Beschwerden. Prompt schickten sie mehrere Techniker raus und antworteten als Beweis auf dem Twitteraccount desjenigen, der sich beschwert hatte. Denn wenn durch die Beschwerde ein sogenannter Twitter-Mob, einer Reihe von Twittern die wie ein Lauffeuer böse oder gute Nachrichten verbreiten, einmal loslegt. Ist der PR-Schaden höher als man denkt.

Die Firmen werden abhängig von diesen Diensten, sie müssen Leute einstellen die surfen. Twitter folgen, Blogs lesen, Foren durchstöbern und so weiter. Schlaue Firmen richten sich ein Supportforum ein und geben den Kunden nicht nur ein Kontaktformular zur Beschwerde, sondern bieten ihnen eine Plattform. Die die es umgekehrt versuchen und sich dem Internet verschließen, die haben keine Chance mehr.

Internetjournalist und Blogger (buzzmachine.com) Jeff Jarvis führt in seinem Buch „Was würde Google tun?“ (What Would Google do?) viele Beispiele und Abhängigkeiten der Firmen vom Internet und den Web 2.0 Diensten auf.

Meiner Meinung nach muss ein Web 2.0 heute mehr mit sich bringen als eine Kopie. Es bringt auch nichts Dienste aus dem Ausland ins Deutsche zu „übersetzen“. Twitter gibt es weder in Deutsch, noch auf Italienisch, Spanisch, Französisch oder Portugiesisch.  Eine deutsche Alternative zu Twitter hätte keine Chance. Bereits sämtliche Netzwerke, Blogs und ähnliches nutzen den Dienst und Twitter wird dezentralisierter als je zuvor. Dezentralisierung definiere ich so: „Gehen sie zum Kunden bevor dieser zu Ihnen kommt“.

Ein Start-Up muss schnell sein. Denn schnell ist besser als langsam – das sieht auch Google so und eine Suchanfrage dauert somit genauso lange wie ein Wimpernschlag: 0,3 Sekunden. Ein Start-Up muss schnell damit sein, die Ideen umzusetzen, auf technischer Seite und mit der Internationalisierung darf es meiner Ansicht nach auch nicht lange dauern. Deutsch, Englisch und Chinesisch – so ist der Markt im eigenen Land, die weit verbreitete Sprache und das Land mit der meisten Internetnutzung abgedeckt. China hat die USA mittlerweile eingeholt. In den USA sind es 217,1 Millionen Bürger von etwa 300 Millionen welche online gehen. In China hingegen bereits 228,5 Millionen Menschen. China aufzuholen wird nicht möglich sein. Ihre Internetnutzung ist zur Einwohnerzahl von etwa 1,3 Milliarden prozentual weniger, verdeutlicht aber das Potenzial was in asiatischen Ländern steckt. Wer sich hier etabliert, der kassiert die kommenden Generationen von Nutzern. Technikbegeistert sind sie allemal.

Und was ist mit Afrika?
Im Juli hat das erste Glasfaserkabel Afrika erreicht. Im Moment ist es noch unglaublich teuer, doch was wird später sein? Wann wird der Zeitpunkt sein, an dem man auf Afrika bauen kann? Wenn in Afrika der Internet-Boom kommt. Dann muss man schnell sein. Wer zuerst kommt, malt zuerst und Afrika sehe ich als eine neue Chance, für alle diejenigen unter uns, die etwas riskieren wollen und sich Internetanteile auf dem internationalen Markt sichern wollen. Kenias Präsident Kibaki sagt, der Anschluss an das weltweite Netz sei für ihn wie die Verlegung der Eisenbahn vor 100 Jahren. Wer wird zuerst darauf fahren?
Hier wird man erstmal einiges Investieren müssen, denn wer zahlt für Werbung in Afrika? Das dauert, aber wer sich jetzt etabliert und in 10 Jahren noch da ist. Der wird Geld verdienen.


Die Problematik für Start-Ups: die Finanzierung. Wer hier keinen großzügigen Investor hat ist verloren. Denn ein Angebot in China umzusetzen kostet. Hosting, Kommunikation und Übersetzung kosten.  Werbung mal außen vor gelassen, ist es ein ganz schöner Aufwand.

Ich bin gespannt welche Web 2.0 Ideen aus Deutschland sich international durchsetzen werden. Vielleicht schafft es ja cussit.